Anhang
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Funktionsbeschreibung - Gehörschutz „EarPatron“
1. Grundlagen zum Gehörschutz
Hintergrund
Das menschliche Gehör ist eines unserer wichtigsten und zugleich sensibelsten Sinnesorgane. Speziell für Menschen, die über längere Zeit
nicht unerheblichen Schallpegeln ausgesetzt sind, muss somit der Schutz ihres Gehörs von größter Wichtigkeit sein. Für Menschen, die auf
ein gut funktionierendes Gehör zur Ausübung ihres Berufes angewiesen sind, hat dies sogar existentielle Bedeutung. Hierzu zählen
z.B. Musiker, Tontechniker, Dolmetscher und Radiomoderatoren.
Problematik
Genau wie beim Sonnenbad am Strand, wo man den Sonnenbrand erst bemerkt, wenn die Haut sich rötet, stellt man eine zu hohe
Lärmbelastung auch meist erst dann fest, wenn es bereits in den Ohren „rauscht“. In beiden Fällen ist es zu diesem Zeitpunkt eigentlich
schon zu spät, um über Schutz nachzudenken.
Stand der Technik
Das bisherige Marktangebot bezüglich „elektronischem Gehörschutz“ beschränkt sich fast ausschließlich auf den Einsatz mehr oder weniger
aufwendig gestalteter Audio-Limiter. Für einen umfassenden Gehörschutz ist jedoch die einfache Begrenzung des elektrischen
Ausgangsignals mit einem Limiter unzureichend. Es muss statt dessen der tatsächliche Schalldruck, dem der Benutzer ausgesetzt ist, über
die gesamte Hördauer erfasst, ausgewertet und in geeigneter Weise geregelt werden. Ziel ist, dass sich der Hörer auch über eine lange
Hördauer keine „kritische“ Lärmdosis verabreichen kann.
2. Funktionsweise
Die im Dolmetschersystem SIS implementierte EarPatron-Technologie beinhaltet folgende Funktionen:
„Headphone-Adapt“-Technologie
Jeder Kopfhörer erzeugt in Abhängigkeit seiner technischen Daten bei gleichem Ausgangspegel des Kopfhörerverstärkers einen unterschied-
lichen Schalldruck. Aus diesem Grund wurde die „Headphone Adapt“-Technologie entwickelt. Hierbei werden gemessene elektrische
Größen direkt in Relation zum verwendeten Kopfhörer gesetzt. Dadurch ist es EarPatron (nach Eingabe der Kopfhörerkenndaten) möglich,
als Basis aller Berechnungen die tatsächlich auftretenden Schallpegel zu verwenden, weil elektrisch erfassbare Größen in direktem
Zusammenhang zur akustischen Auswirkung stehen. In Verbindung mit dem Dolmetschersystem SIS wird der einstellbare Kopfhörerpegel
bei Vollaussteuerung des Datenbus und Rechtsanschlag des Volume-Reglers auf maximal 105 dB(A) begrenzt.
Die „Lärm-Tankuhr“
Da durch den „Headphone Adapt“-Algorithmus zu jeder Zeit der tatsächlich auftretende Schalldruck ermittelt werden kann, ist EarPatron in
der Lage über einen beliebigen Zeitraum die bereits entstandene Lärmdosis zu berechnen. Diese wird in einen Prozentwert des in BGV B3
(Berufsgenossenschaftliche Vorschriften für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit) vorgeschriebenen maximalen Beurteilungspegels
(maximale Lärmdosis) von 85 dB(A) für 8 Stunden umgerechnet.
Dieser Grenzwert besagt, dass ein permanenter Schalldruckpegel von 85 dB(A) für maximal 8 Stunden zulässig ist. Eine Erhöhung des Pegels
um 3 dB hat jeweils eine Halbierung der zulässigen Zeit zur Folge (z.B. 88 dB(A) für 4 Stunden, 91 dB(A) für 2 Stunden usw.). Dieser
Beurteilungspegel ist nicht zu verwechseln mit dem maximal erreichbaren Schalldruckpegel (hier 105 dB(A) bei 1 kHz), da der
Beurteilungspegel den auftretenden Schalldruck im Verhältnis zur Einwirkzeit betrachtet. Eine Schalleinwirkung von z.B. 119 dB(A) für
10 Sekunden ergibt dieselbe Lärmdosis wie eine 8-stündige Schalleinwirkung von 85 dB(A).
Im Display der Dolmetschersprechstelle wird wie bei einer Tankuhr angezeigt, wieviel Prozent dieses Grenzwertes bereits erreicht wurden.
10% bedeutet somit: „Man darf sich noch jede Menge Lärm verabreichen“, 100% hingegen bedeuten: „Man hat sich die komplette
Tagesration an Lärm, die das Gehör verträgt bereits zugeführt.“
Die „Lärm-Tankuhr“ wird sowohl bei eingeschaltetem als auch bei ausgeschaltetem EarPatron dargestellt. Dies erlaubt auch dem Benutzer,
der keine automatische Regelung der Hörlautstärke wünscht (EarPatron ausgeschaltet), zu kontrollieren, ob seine Hörgewohnheiten
„gesund“ sind. Eine Anzeige über 100% bedeutet somit: „Die Hörlautstärke war für die Dauer der Arbeit zu hoch!“. Zudem hilft es, ein
Gefühl für die Auswirkungen hoher Hörlautstärken zu entwickeln, da eine Erhöhung der Lautstärke direkt eine schneller ansteigende
Anzeige der „Lärm-Tankuhr“ zur Folge hat.
Intelligente EarPatron Regelung
Durch die „Lärm-Tankuhr“ ist EarPatron in der Lage zu überwachen, ob sich die Lärmdosis des Benutzers noch in einem unbedenklichen
Bereich befindet oder ob es angebracht ist, in die Hörlautstärke einzugreifen. Dies geschieht zu einem so rechtzeitigen Zeitpunkt, dass der
Eingriff sehr sanft und damit weitgehend unbemerkt erfolgen kann. Die weitere Regelung setzt den Hörpegel mit fortschreitender Hördauer
kontinuierlich so weit herab, dass die maximale Lärmdosis (100%) normalerweise nie erreicht wird. Sollte dies aufgrund einer ungesunden
Arbeitsweise dennoch der Fall sein (oder wurde EarPatron erst bei einer erhaltenen Dosis >100% aktiviert), wird der Algorithmus den
Lautstärkepegel so weit absenken, dass keine bedenkliche oder schädigende Lautstärke mehr erreicht werden kann (< 85dB(A). Dies
ermöglicht ein Weiterarbeiten bei relativ unbedenklichen Audiopegeln, ohne dass eine nennenswerte zusätzliche Belastung des Gehörs zu
befürchten ist.